Grundwassersanierung auf dem Standort der Stadtwerke Rinteln gestartet – Status Quo der Sanierung

25.08.2021

Grundwassersanierung auf dem Standort der Stadtwerke Rinteln gestartet – Status Quo der Sanierung

Im Jahr 2015 wurden durch Untersuchungen des Untergrundes im Rahmen der Förderrichtlinie Altlasten-Gewässerschutz, die der Landkreis Schaumburg auf altlastenverdächtigen Flächen in seinem Zuständigkeitsbereich durchführen ließ, erstmalig Boden- und Grundwasserverunreinigungen (Cyanide, PAK, Acridinon) auf dem Grundstück der Stadtwerke festgestellt, die ursächlich auf die ehemalige Nutzung des Standortes als Gaswerk (1896 bis 1964) zurückzuführen waren. Zuvor war die Problematik einer Boden- bzw. Grundwasserbelastung nicht bekannt, denn mit der Neugestaltung des Werksgeländes wurden die Schadensherde überbaut und es fanden keinen nennenswerten Tiefbauarbeiten statt, wobei die Kontaminationen hätten entdeckt werden können.

Zur Konkretisierung und Eingrenzung dieser ersten Befunde fanden in Abstimmung mit der Behörde stufenweise weitere Untersuchungen in den folgenden Jahren bis 2020 statt (Detailuntersuchung, GW-Monitoring, Sanierungsuntersuchung etc.). Es wurden zwei Schadensherde identifiziert (Herd 1 – Produktion, Herd 2 – Abfallvergrabung). Die Bodenverunreinigungen betreffen über die anthropogenen Auffüllungen hinaus auch den Auelehm und die Niederterrassensedimente und dringen bis in den grundwassererfüllten Bereich vor. Darüber hinaus wurden mit den Grundwasseranalysen der im Abstrom des Stadtwerkegrundstückes platzierten Grundwassermessstellen ein Schadstoffaustrag mit dem Grundwasser vom Grundstück der Stadtwerke bewiesen. Sowohl Cyanide als auch Acridinon wurden im Abstrom außerhalb des Geländes nachgewiesen, was im Gegensatz zu den PAKs auf deren hohe Löslichkeit zurückzuführen ist. Die Schadstoffkonzentrationen auf dem Gelände sind allerdings um ein Vielfaches höher als außerhalb des Grundstückes, da das Grundwasser nur sehr langsam in diesem Bereich fließt. Maximal wurden auf dem Grundstück 40 mg/l Cyanide im Grundwasser festgestellt, wohingegen im Abstrom im Bereich der Karlstraße und im Bereich der Schule (Ostpreußenweg) nur noch Cyanid-Konzentrationen unterhalb von 0,1 mg/l festgestellt wurden. Im weiteren Abstrom entlang der Bahngleise Richtung Weser nehmen die Cyanidkonzentrationen weiter ab, so dass keine relevanten ökotoxischen Wirkungen auftreten können und die Anforderungen der Trinkwasserverordnung eingehalten werden.  Da allerdings im Bereich der Bahngleise – also im direkten Abstrom außerhalb des Stadtwerke Grundstückes - im Grundwasser Cyanide im Wertebereich von 1,5 mg/l festgestellt wurden, besteht Handlungsbedarf und die beiden Schadensherde sind zu sanieren.

Um den aktuellen Betrieb der Stadtwerke nicht einschränken zu müssen, sollte ein geeignetes Sanierungsverfahren ohne Rückbauarbeiten und Bodenaushub gefunden werden. Zudem ist eine konventionelle Sanierung mittels Bodenaustausch sehr kostenintensiv und aus ökologischer Sicht nicht vertretbar. Darüber hinaus gibt es immer weniger Deponien, die derart belastetes Bodenmaterial annehmen können. Da der Standort zum größten Teil versiegelt ist, wurde sich dafür entschieden nur die Schadstoffe im Kapillarsaum und in der grundwassergesättigten Zone zu sanieren. Durch die Versiegelung ist von keiner weiteren Schadstoffnachlieferung auszugehen und es liegt keine Gefährdung für den Menschen bei der weiteren Nutzungsart vor. Das Verfahren sieht eine biologische Reinigung der Cyanid-, PAK- und Acridinonbelastung durch die Stimulation aerober Abbauprozesse vor. Zu diesem Zweck sollte am Standort ein leistungsfähiges System zur Versorgung des Grundwasserleiters mit Sauerstoff, organischen Cosubstrate, pH-Regulatoren und Mikroorganismen aufgebaut werden.

 Zur Entwicklung der richtigen Sanierungsstrategie wurden im Vorfeld Laborversuche mit unterschiedlichen Co-Substraten und ein Testfeldversuch (10x10 m) im stark kontaminierten Bereich der Abfallvergrabung durchgeführt. Die zentralen Fragestellungen zu den mikrobiellen Abbauleistungen, zu den auftretenden geochemischen Begleitprozessen sowie zur bautechnischen Umsetzung des Prozesses wurden durch das Testfeld geklärt. Zudem konnte der mikrobielle Schadstoffabbau innerhalb kürzester Zeit für alle drei Schadstoffe nachgewiesen werden. Die Abbildung 1 zeigt exemplarisch die Cyanidabnahme innerhalb von 50 Tagen im Bereich des Testfeldes.

Grundwassersanierung Bild 1

Abbildung 1: Ergebnisse im Testfeld (Cyanide), links vor Beginn, rechts nach 50 Tagen

 Im Januar 2021 wurde mit der Errichtung der erforderlichen Infrastruktur und dem Anlagenbau für die komplexe Sanierung begonnen. Für die Sanierung ist eine Kombination aus vertikalen und horizontalen Filterelementen vorgesehen, die z.T. multifunktional und im Verbund geschaltet als Sanierungszellen mit zirkulierendem Grundwasser fungieren sollen. Zudem wird durch die hydraulische Sicherung (Galerie von Entnahmebrunnen im Abstrom der Herde) gewährleistet, dass kein belastetes Wasser mehr das Grundstück der Stadtwerke verlässt.

Die mehr als 60 Sanierungsbrunnen wurden mittlerweile alle errichtet und an die drei Anlagen angeschlossen. Die Erlaubnis zu der beschriebenen Sanierung wurde am 01.06.2021 vom Landkreis Schaumburg erteilt. Anschließend ging am 03.06.2021 die erste Anlage (Herd 1) in Betrieb. Die Sauerstoffinjektion startete Anfang Juli 2021 und die Injektion von Co-Substraten ist für Anfang September geplant. Erst nach der Co-Substrat-Injektion wird man erste Sanierungserfolge sehen können. Die Inbetriebnahme der zweiten Anlage (Herd 2, s. Abb. 2) folgte am 13.07.2021.  Die Inbetriebnahme der dritten Anlage erfolgt in den nächsten Wochen.

Grundwassersanierung Bild 2

Abbildung 2: Anlagencontainer 2 

 

Zur Überwachung der Sanierungsmaßnahme ist sowohl ein engmaschiges schadstoffliches als auch ein hydraulisches Grundwassermonitoring an ca. 30 Grundwassermessstellen im Schadensherd als auch im nahen Umfeld vorgesehen, um einerseits den Sanierungserfolg zu dokumentieren und andererseits sicher zu gehen, dass keine weiteren Schadstoffe das Grundstück der Stadtwerke verlassen. Die zunächst für die nächsten drei Jahre geplante Sanierung wird von der Sensatec GmbH und der M&P Ingenieurgesellschaft mbH durchgeführt und begleitet. In diesem Zeitraum werden die Sanierungszielwerte vom Landkreis Schaumburg festgelegt. Während dieses Zeitraumes ist der Landkreis Schaumburg in alle Vorgänge und Prozesse involviert.

Über die weitere Fortführung des Projektes und über die Sanierungserfolge werden der Landkreis Schaumburg und Stadtwerke Rinteln GmbH informieren.