"Zu viel Mittelmaß auf dem Platz und in der Loge Champagner"

20.03.2007

Manfred Kaltz kommentiert Bundesligafußball und stellt seine Fußballschule vor

Klaus Peters (M.) kennt Manfred Kaltz (l.) schon, hat sogar schon mit ihm gespielt - auf Sylt. Kaltz erläutert im Sitzungsraum der Volksbank mit Jürgen Holletzek (v.l.), Klaus Peters, Joachim Schorling und Jürgen Peterson, wie die Fußballschule im Juni ablaufen soll. Foto: tol Rinteln (wm). Es ist nach wie vor ein Traum von fußballbegeisterten Kindern und Jugendlichen, einmal von richtigen Profis, von "Sportlegenden", trainiert zu werden. Der SC Rinteln mit seinem Förderverein, die Volksbank in Schaumburg und die Stadtwerke Rinteln wollen als Sponsoren diesen Traum wahr werden lassen: Vom 22. bis 24. Juni kommt Manfred "Manni" Kaltz mit seiner Fußballschule nach Rinteln, um mit 120 Kindern im Alter von sechs bis 14 Jahren drei Tage lang zu trainieren.

Gestern sind bei einem ersten Treffen in der Volksbank die Details festgelegt worden. Ein Spitzentrainer-Team wird nach Rinteln kommen, Manfred Kaltz selbstverständlich dabei sein, voraussichtlich unter anderem auch Dieter Schlindwein, Frank Reichel und - wenn alles klappt - Uli Stein. Es sei denn, der muss nach Nigeria.


Drei Trainingseinheiten soll es geben, schildert Jürgen Holletzek, "immer mit dem Ball und viel Spaß dabei". Dann, sozusagen als Rahmenprogramm, eine "Talk-Runde" und einen Vortragsabend zum Thema "Keine Macht den Drogen" in der Aula des Gymnasiums.

Meister, Pokalsieger, Gewinner des Europacups: Manfred Kaltz prägte die erfolgreichste Zeit des HSV und gilt als der Erfinder der "Bananenflanke". Legendär ist das Zitat von Mittelstürmer Horst Hrubesch: "Manni Flanke, ich Kopf - Tor!" Bei allen großen Titeln des HSV in den Siebzigern und Achtzigern war Kaltz dabei: dreimal Meister, zweimal Pokalsieger, zweimal Europapokalsieger. Außerdem Europameister und Vizeweltmeister. 582 Bundesligaspiele mit 76 Toren, 86 Europapokalspiele.

Klar säße er heute noch bei den meisten HSV-Spielen auf der Tribüne, doch ärgern wolle er sich nicht mehr: "Das ist nicht mehr so emotional, der Abstand ist einfach zu groß geworden - und das ist auch gut so."

Was Kaltz in der Volksbankrunde dann doch nicht davon abhält, ein paar Sätze zur aktuellen Lage des HSV zu sagen, der gegen den Abstieg kämpft: "Die Leistungen in dieser Saison sind katastrophal. Das ist keine Mannschaft mehr, die auf dem Platz steht, die leben nur noch von Standards. Sehen Sie da noch einen Doppelpass?"

Da jubelten heute die Leute, wenn der HSV gegen Juventus Turin spielt - in der Vorrunde! "Wir standen damals im Finale, das ist der Unterschied."

"Wir (immerhin sagt der Hamburger noch "wir" und meint die ganze Bundesliga) haben uns spielerisch weit von der Spitze entfernt." Woran das liegt, will Klaus Peters wissen, Vorsitzender des SC-Fördervereins. Eine Frage, die Kaltz mit einem Satz beantwortet: "Entweder sie können nicht oder sie üben nicht genug." Wohin man auch sehe, "da spielt zu viel Mittelmaß".

Die Stadien, räsoniert der einstige Europacup-Gewinner, seien heute voll, weil "das Drumherum stimmt - nicht die sportliche Leistung auf dem Spielfeld", und die Leute, die früher Fußball als "Proletensport" denunziert haben, "sitzen alle in der Loge und trinken Champagner".

Der SC-Nachwuchs mit Trainer Lothar Rachow darf dann in der Volksbank schon mal ein paar von den Trikots anprobieren, die es in der Fußballschule geben wird, und hat bei dieser Gelegenheit an den Fußballstar gleich zwei konkrete Fragen: "Sie haben doch viele Elfmeter geschossen?" Ja, antwortet Manfred Kaltz: "Immer dahin, wo Platz war im Tor."

Und die meisten Eigentore?" Manfred Kaltz muss lachen: "Ja, sicher, aber das ist eine ganz andere Geschichte."

© Schaumburger Zeitung, 20.03.2007