„Strom ist zu billig“: e.on löst Welle der Empörung aus

16.09.2007

Politik kritisiert „Preistreiber“ / Stadtwerke Rinteln halten steigende Preise für wahrscheinlich: „Tendenz geht dahin“
 
Hamburg/Landkreis (afp/ crs).
Drohen schon wieder höhere Strompreise? Der Chef des größten deutschen Energiekonzerns e.on, Wulf Bernotat, hält den Strom trotz Preissteigerung noch immer zu billig und hat damit eine Welle der Empörung ausgelöst. Der weltweite Bedarf an Öl, Gas und Kohle steige deutlich, während das Angebot nicht entsprechend mitwachse, argumentiert Bernotat. Er stimmte die Bevölkerung bereits auf Preisanhebungen ein. Die Zeiten billiger Energien seien wahrscheinlich vorbei, sagte er der „Bild“. Und: „Für das, was Strom an Lebensqualität bietet, ist Strom eigentlich zu billig.“ Auch nach Einschätzung der beiden anderen Energieriesen RWE und Vattenfall könnten die Preise auf lange Sicht nach oben gehen. Eine Tendenz, die auch regionale Energieversorger bestätigen: „Ich gehe davon aus, dass wir die Strompreise nächstes Jahr erhöhen müssen“, sagt Jürgen Peterson als Chef der Stadtwerke Rinteln.
 
Politiker und Verbraucherschützer kritisieren den e.on-Chef. Der Konzern habe natürlich kein Interesse daran, dass die Preise sänken, so Holger Krawinkel vom Bundesverband der Verbraucherzentralen. Er rief die Kunden auf, sich günstige Anbieter auszusuchen.
 
Hessens Wirtschaftsminister Alois Rhiel (CDU) fordert, der Staat müsse „echten Wettbewerb in der Stromerzeugung in Gang bringen“. Derzeit besäßen vier Energiekonzerne 80 Prozent aller deutschen Kraftwerke und machten sich keine Konkurrenz. „Wir wollen das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkung verschärfen, damit notfalls das Kartellamt dieses Preistreiber-Quartett der Stromerzeuger auflösen kann“, erklärte Rhiel gestern. Auch Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) fordert mehr Wettbewerb.
 
„Die höheren Bezugskosten werden uns in Rechnung gestellt, wir müssen sie an den Kunden weitergeben“, hält Rintelns Stadtwerke-Chef Peterson steigende Strompreise auch im Landkreis Schaumburg für wahrscheinlich. „Die Tendenz geht im Augenblick dahin“, sagt er, „ich kann keine Entwarnung geben.“ Für viele Stadtwerke seien die derzeitigen Strompreise „nicht auskömmlich“, schildert Peterson die Situation. Im laufenden Jahr hätten die Stadtwerke Rinteln auf Preiserhöhungen verzichtet, das sei im nächsten Jahr wohl nicht mehr möglich. „Bislang haben wir die höheren Bezugskosten aus eigenen Mitteln aufgefangen und anders als viele Stadtwerke sogar auf eine Erhöhung zum 1.Juli verzichtet.“ Das hält Peterson fürs kommende Jahr nicht mehr für möglich: „Ich gehe davon aus, dass die Preise steigen.“
 
Schaumburger Zeitung, 15.09.2007