Streit um Solar: Städtische Dächer kostenlos?

25.09.2008

Heute Abend Thema im Rat: Stadt Rinteln soll selbst in das Geschäft mit Solarstrom einsteigen

Auf der Tagesordnung des Rates, der heute ab 19 Uhr im Ratskellersaal tagt, steht als Punkt 10 auf der Tagesordnung „Nutzung erneuerbarer Energien bei städtischen Gebäuden“.
Die Verwaltung geht davon aus, dass der Rat den Bericht (Tenor: weiter so) einfach zustimmend zur Kenntnis nimmt – doch so wird es wohl nicht laufen.
Denn zwei Nachrichten der letzten Woche, die eigentlich nichts miteinander zu tun haben, aber von vielen Bürgern in Bezug gesetzt werden, haben für Unmut gesorgt:
Die Tatsache, dass die Stadt trotz Bürgerprotestes weiter an der frühen Abschaltung der Straßenlampen in Rinteln festhalten will – wie im Ortsrat diskutiert – und die Meldung, dass der Reitverein Rinteln seine Kasse aufbessert, indem er einen Investor aus Offenbach am Main das Dach der Reitanlage für die Installation einer Solaranlage zur Verfügung gestellt hat, während die Stadt Rinteln die Dächer von drei Schulen der Solargemeinschaft kostenlos zur Verfügung stellt.
Themen, die jetzt auch von der WGS aufgegriffen worden sind und die Gert-Armin Neuhäuser in der Sitzung zur Sprache bringen will, die Frage nämlich: „Warum wird Rinteln verdunkelt, um Strom zu sparen, während eine mögliche Einnahmequelle ungenutzt bleibt?“
Stadtwerkechef Jürgen Peterson, darauf angesprochen, erinnerte daran, dass die Solargemeinschaft eigentlich mit einer anderen Motivation, als Gewinne zu erzielen, gegründet worden sei: Nämlich, um die Nutzung alternativer Energien voranzutreiben. Ein Konzept, das so auch in anderen Kommunen – beispielsweise im Auetal – umgesetzt worden sei.
 

Von Idealisten gegründet worden

Werner Dubiel, der für die Solargemeinschaft fünf Solardächer verwaltet, erzählte gestern, in der Anfangsphase habe man das Modell noch anbieten müssen wie „sauer Bier“. Denn die ersten Anlagen hätten „Idealisten“ aufs Dach gebracht – damals habe es bekanntlich noch nicht das Erneuerbare-Energien-Einspeisegesetz gegeben, das laufende Einnahmen garantiert.
Inzwischen hat die Gesellschaft Bürgerlichen Rechts, die die Solargemeinschaft gegründet hat, 70 Gesellschaften. Dubiel betonte, weil es sich um „Bürgersolaranlagen“ handle, die auf den Dächern der Grundschulen Nord, Exten und Deckbergen installiert worden sind, habe man die Einlagen auch auf 10.000 Euro pro Bürger beschränkt. Ein Investor aus Hessisch-Oldendorf, der erheblich mehr habe investieren wollen, sei deshalb abgelehnt worden.
Dubiel widersprach auch der Behauptung, die Solargemeinschaft bekomme die Dächer praktisch umsonst von der Stadt gestellt – als Gegenleistung seien von der Solargemeinschaft sogenannte Datenlogger für die Schüler installiert worden. Auch Dubiel bestätigt, dass sich die Bürgersolaranlagen bei garantierten Einnahmen von 20 Jahren inzwischen rechnen. 46,8 Cent beträgt derzeit der Einspeiseerlös pro Kilowattstunde. Doch bei den relativ kleinen Anlagen von etwa 20 KW werde niemand reich.
Weil Dächer inzwischen sogar im Internet in sogenannten Dächerbörsen angeboten und von Investoren gesucht werden, empfiehlt Gert- Armin Neuhäuser, trotzdem den Hebel umzulegen. Sein Vorschlag:
Die Stadt bzw. die Stadtwerke sollten prüfen, wo sich Solardächer rechnen.
Neuhäuser listete zehn mögliche städtische Gebäude auf, so Bauhof, Turnhallen, Parkgarage, Brückentor und das Flachdach des Rathauses.
Es könne nicht sein, dass „hier die Stadt langfristig auf mögliche Einnahmen verzichtet, gleichzeitig der Strom teurer wird.“

Stadtwerkechef Jürgen Peterson bremste allerdings gestern überzogene Erwartungen: Ertrag sei nicht gleich Gewinn. Unter Berücksichtigung von Abschreibung, Versicherung und möglichen Reparaturen – Wechselrichter halten nicht ewig – seien Solaranlagen keineswegs „Geldmaschinen“.

                                                                                                                                                                                                           Schaumburger- Zeitung – 25.09.2008