"Eine strategische Entscheidung für die Region"

13.12.2008

Hameln und Rinteln gründen Stadtwerke Weserbergland / Ab Mitte 2009 Lieferung an Kunden

Von Wolfhard F. Truchsess

Hameln/Rinteln. Mit der Stadtwerke Weserbergland GmbH ist gestern ein neuer Energieversorger gegründet worden, der ab Mitte 2009 Kunden aus der Region mit Strom und Gas versorgen will. Gründer sind die Stadtwerke Hameln und Rinteln, die als eigenständige kommunale Unternehmen fortbestehen. Das Eigenkapital der neuen Gesellschaft beträgt 500 000 Euro - 400 000 Euro bringt Hameln auf, 100 000 Euro der Rintelner Partner.

Auf der Pressekonferenz, die gestern in den Räumen der GWS Stadtwerke Hameln unter Beteiligung der Hamelner Oberbürgermeisterin Susanne Lippmann, ihres Rintelner Kollegen Karl-Heinz-Buchholz, der beiden GWS-Geschäftsführer Klaus Arnold und Susanne Treptow sowie ihres Rintelner Kollegen Jürgen Peterson stattfand, berichtete Arnold auch von den der Gründung vorausgegangenen Gesprächen. "Seit einem Jahr waren wir an dem Thema dran", erläuterte Arnold, "und sind bei unseren Gesprächen mit den Gemeinden auf viel Verständnis gestoßen." Dass zum jetzigen Zeitpunkt nur zwei Gesellschafter an den Stadtwerken Weserbergland beteiligt sind, führen Lippmann, Arnold, und Treptow zum einen auf die unterschiedlichen Ausgangssituationen in den Kommunen mit eigenen Stadtwerken zurück, zum anderen aber auch darauf, dass die Gemeinden knapp bei Kasse seien und kaum noch ihre Pflichtaufgaben bezahlen könnten.

Ungeachtet dessen sind sich die Beteiligten sicher, "dass wir weitere Partner finden werden", wie Jürgen Peterson und alle Teilnehmer der Pressekonferenz betonten. Denn einer der großen Vorteile sei, "dass die Wertschöpfung in der heimischen Region bleibt und die Aufträge, die vergeben werden, an Unternehmen vor Ort gehen".

Lippmann bewertete die Neugründung als eine "strategisch wichtige Entscheidung zur Stärkung der Region und für eine zuverlässige ortsnahe Energieversorgung im Weserbergland". Jeder, der wolle, könne nun kommen und mitmachen. "Nicht jeder", wie Rintelns Bürgermeister Buchholz einschränkte, "nur Stadtwerke und Kommunen."Denn das sei eines der Ziele, das mit der Gründung der Stadtwerke Weserbergland erreicht werden solle: die langfristige Eigenständigkeit der heimischen Energieversorger zu sichern. Dafür seien sie auf der Suche nach einem strategischen Partner gewesen, den sie mit dem Hamelner Unternehmen gefunden hätten. Dass die Mehrheitsverhältnisse mit 4:1 von der Hamelner Seite dominiert werden, stört Buchholz nicht. "Wir vertrauen auf eine offene und faire Partnerschaft. Deswegen wird das klappen." Im Stadtrat hat sich Buchholz am Donnerstag grünes Licht für die Beteiligung geholt.

Das neue Unternehmen soll als gemeinsame Vertriebs-, Investitions- und Servicegesellschaft neben den beiden Stadtwerken an den Markt gehen und Strom und Gas außerhalb der bestehenden Stadtwerke-Netzgebiete verkaufen.

Arnold gestand ein, es sei noch ein "mühsamer Weg" der vor dem Unternehmen liege. Aber seit der Ankündigung der GWS Stadtwerke, Kunden auch außerhalb des Verbreitungsgebietes zu beliefern, seien innerhalb von drei Monaten 1000 Abnehmer unter Vertrag genommen worden. "Damit haben wir alle Verluste wett gemacht, die wir seit dem Beginn der Liberalisierung des Strommarktes hinnehmen mussten."

 Extra eine neue Gesellschaft mit 500 000 Euro Eigenkapital ins Leben zu rufen, begründen die Beteiligten unter anderem damit, dass eine Beteiligung anderer Kommunen an den beiden Stadtwerken derzeit nicht möglich gewesen wäre. Vor allem aber versprechen sich die Gesellschafter und die beiden Stadtchefs von einer Marke "Weserbergland" eine bessere Identifikation der Menschen mit dem neuen Unternehmen. "Und wenn sich einzelne Kommunen erstmal an den neuen Stadtwerken beteiligt haben, dann werden die Bürgermeister ihre Gemeindemitglieder auch aufrufen, ihre Energie von dort zu beziehen", glaubt Arnold.

Einig ist sich Arnold mit Buchholz auch darin, dass die Daseinsvorsorge für die Bereiche Energie, Trinkwasser und öffentlicher Personennahverkehr in die Hand kommunaler Unternehmer gehört.

Treptow will das neue Unternehmen zum regionalen Energieanbieter ausbauen. e.on Westfalen Weser ziehe sich aus Hameln zurück. "Die Sonderkunden warten nur darauf, dass wir tätig werden", berichtete Treptow und kündigte an, das Unternehmen werde sich um die 2011 auslaufenden Stromkonzessionen in den Gemeinden der Region bewerben. "Ich bin sicher, dass wir dabei gute Chancen haben, weil wir vor Ort präsent sind", sagte Treptow.

© Schaumburger Zeitung, 13.12.2008

Kommentar

Geschickter Schachzug Von Wolfhard F. Truchseß Die Stadtwerke von Hameln und Rinteln wollen dem überregionalen Energieversorger e.on Konkurrenz machen. Dazu haben sie jetzt die Stadtwerke Weserbergland mit einer Eigenkapitalausstattung von 500000 Euro gegründet. Angesichts der Möglichkeit der Endverbraucher, sich ihren Energieanbieter frei wählen zu können, auf den ersten Blick ein ziemlich teures Engagement, auch wenn die neue Gesellschaft ihre Dienstleistung mit dem Personal der beiden Gründerunternehmen erbringen will. Aber am Ende könnte es ein geschickter strategischer Schachzug sein, um andere Stadtwerke und Kommunen unter ein gemeinsames Dach zu holen und so die Marktmacht als regionaler Energieversorger zu stärken. Denn an den Stadtwerken Hameln oder Rinteln würden sich auch nach einer Satzungsänderung Gemeinden wie Aerzen oder Salzhemmendorf wohl kaum beteiligen, zumal der Preis für die zu erwerbenden Gesellschaftsanteile wesentlich höher ausfiele. Dass es sich auszahlt, die Wertschöpfung in der Region zu halten, ist längst bekannt. Das gilt für lokal vergebene Aufträge, für die Arbeitsplätze und das gilt für die Gewerbesteuern. Dazu kann auch dieses neue Unternehmen beitragen. Außerdem: Konkurrenz belebt das Geschäft. w.truchsess@dewezet.de 

© Dewezet, 13.12.2008