„Wir machen uns Sorgen, wenn jemand fehlt“

09.07.2009

Cedric Vunchettershein nutzt die Morgenstunden für kühne Sprünge vom Sprungturm.

Rinteln (jaj). Wenn andere sich noch einmal genüsslich im Bett umdrehen, ist Irmgard Schmeißer schon auf den Beinen. Sie hat ihr ganz eigenes Rezept, um morgens munter zu werden: schwimmen. Seit dreißig Jahren kommt sie jeden Sommer morgens gegen sechs Uhr ins Freibad, „wenn es geht von Montag bis Sonntag“, erzählt sie.

Und sie ist nicht die Einzige, die eine Leidenschaft fürs Frühschwimmen entwickelt hat. Man kennt sich, im Becken des Weserangerbades. Ein freundliches Wort hier, eine kurze Unterhaltung dort. Viele Schwimmer verbringen jeden Morgen die ersten Stunden des Tages zusammen.

Und auch Irmgard Schmeißer hat ihre eingeschworene Schwimmtruppe. Ingeborg Witte und Martha Korfft kommen immerhin schon seit zehn Jahren zum Schwimmen. Wer fehlt, muss sich abmelden, „sonst machen wir uns doch Sorgen“, erklärt Korfft. Doch auch wenn sich viele der Schwimmer kennen, sind neue Gesichter immer gerne gesehen. „Solange sie auch bezahlen“, scherzt Schmeißer. Früh morgens wird in Rinteln nämlich an die Ehrlichkeit der Schwimmer appelliert. Die Kasse ist nicht besetzt, wer Schwimmen will sollte im Besitz einer Jahres- oder Zehnerkarte sein, oder sich bei der Schwimmaufsicht melden.

Doch wenn es doch einmal jemand nicht ganz so genau mit dem Bezahlen nimmt, lauert die Enttarnung im Schwimmbecken. Denn die Frühschwimmer haben ein Auge auf „ihr“ Weserangerbad. „Man bekommt ganz schnell mit, wer hier rein geht, ohne zu bezahlen“, versichert Ingeborg Witte. Und mit den durchtrainierten Rentnerinnen möchte sich bestimmt niemand anlegen, denn gut im Training sind die drei.

Durchschnittlich tummeln sich morgens zwischen sechs und acht Uhr rund 50 Frühschwimmer im Freibad. Eine, die ganz frisch dabei ist, ist Wanda Mersch. Sie hat im Moment Urlaub, und so nutzt sie die frühen Morgenstunden, um etwas für die Gesundheit zu tun. „So richtig in Ruhe schwimmen kann ich im Moment nur um diese Uhrzeit“, erklärt sie.

Denn ihre Kinder haben Ferien, und ein nachmittäglicher Freibadbesuch ist auch schön, aber eben anders. Das Frühschwimmen hat sie sich für die nächsten drei Wochen fest vorgenommen: „Ich will jeden Tag kommen.“

Auch Cedric Vunchettershein genießt die Ruhe im Bad – die Ruhe auf den Sprungtürmen. Ohne lange warten zu müssen kann der 10-jährige sich zu dieser Uhrzeit aus mehreren Metern Höhe in das kühle Nass stürzen.

Ob er nicht lieber eine Stunde länger schlafen würde? „Mal ja, mal nein“, erklärt er. „Wenn ich Lust habe, begleite ich meinen Vater morgens, wenn nicht, bleibe ich einfach im Bett“, schildert er. Im Becken stört sich derweil niemand an den Sprüngen des Schülers. Mit ganz unterschiedlichem Tempo und Technik ziehen die Schwimmer unbeeindruckt ihre Runden. Nur unterbrochen von einem kurzen Arm-Heben, um Neuankömmlinge zu begrüßen. Für Irmgard Schmeißer und die vielen anderen Frühschwimmer gibt es keine schönere Möglichkeit, um früh am Morgen richtig wach zu werden.

Doch es gibt eine Sache, auf die sich die Rintelnerin nach dem Schwimmen besonders freut: „Ein richtig schönes Frühstück.“ Und das hat sie sich auch verdient. Eine kurze Verabschiedung Richtung Schwimmbecken, und schon ist sie in den Duschräumen verschwunden. Große Verabschiedungsszenen gibt es morgens im Weserangerbad nicht. Wieso auch? Man sieht sich ja wieder, wahrscheinlich schon morgen.