"Erfinder" bekommt Ärger wegen Betrugs

13.01.2010

Von Sonja Weichert

Rinteln. Irgendein Draht muss bei Eduard Berger (Name geändert) nicht richtig verlötet gewesen sein: Der selbst ernannte „Erfinder“ stellte im Mai beim privaten TV-Sender SAT.1 und seiner Show „Deutschlands intelligenteste Idee“ einen Stromzähler vor, der sich auf Wunsch rückwärtsdreht. Schon Jurorin Barbara Eligmann fand die Idee nicht intelligent, sondern eher kriminell. Sie mutmaßte, dass sich die Staatsanwaltschaft für die Idee interessieren könnte.

Besonders bemerkenswert war, dass der mit Sonnenbrille und Hut vermummte Berger mit vollem Namen und Anschrift „Rinteln“ im Untertitel eingeblendet auftrat. Mit Rücksicht auf die laufenden Ermittlungen und Berger wird in diesem Artikel der richtige Name nicht genannt.

Berger präsentierte im Ideencontainer des Senders einen Stromzähler, der sich, mit einem Vorschaltgerät versehen, rückwärtsdreht und so kräftig Stromkosten einspart. Kurze Zeit später tauchten Videos eines rückwärtsdrehenden Stromzählers auch in Internet-Video-Foren auf.

Als erstes interessierten sich die Rintelner Stadtwerke für den Sachverhalt, den einige Mitarbeiter im Fernsehen mitverfolgt hatten. Prokurist Manfred Langemeier stellte anhand von Bergers Rechnungsunterlagen für die letzten Jahre fest, dass sich dessen Stromverbrauch jährlich um rund 1000 Kilowattstunden (etwa 180 Euro pro Jahr) verringert hatte – nur durch konsequentes Stromsparen sei dies nicht zu erklären, so die Stadtwerke.

So machten sie sich erst einmal auf den Weg, um Bergers analogen Ferraris-Stromzähler gegen einen nicht zu manipulierenden digitalen Zähler auszutauschen. Doch weit gefehlt: Berger stellte sich quer, schrieb sogar die Bundesnetzagentur an, beschwerte sich und wollte partout seinen analogen Zähler behalten.

Dann kam Kommissar Zufall den Stadtwerken zur Hilfe. Als sie einem säumigen Stromkunden einen Geldeinwurf-Zähler montieren wollten, packte dieser Kunde aus: Bernd Wirle (Name geändert) nannte fünf weitere „Kunden“ von Berger, die ein Vorschaltgerät bei sich betrieben und so den Stadtwerken ohne Berechtigung Stromentgelt vorenthielten.

Diese fünf Haushalte stellten sich allerdings beim sofort anberaumten Zählerwechsel der Stadtwerke nicht quer, so Stadtwerke-Chef Jürgen Peterson, der die gewählte Vorgehensweise seiner „Sonderermittler“ Joachim Spohr vom Messwesen, dem technischen Leiter Thomas Seewald und Manfred Langemeier vom Rechnungswesen rechtfertigt: „Der Austausch der Zähler beendet sofort eventuelle betrügerische Aktionen durch solche Vorschaltgeräte.“

Bei Berger aber ging das nicht so leicht: Er hatte sich inzwischen bei der Bundesnetzagentur als Netzstellenbetreiber beworben. Hätte er einen positiven Bescheid bekommen, hätte er seinen Zähler selbst ablesen dürfen.

Die Netzagentur versagte allerdings – aufmerksam gemacht von den Rintelner Stadtwerken – dieses Privileg.

Die Stadtwerke schalteten aufgrund der hartnäckigen Dreistigkeit die Staatsanwaltschaft in Bückeburg ein, die, so der Leitende Oberstaatsanwalt Bodo Becker, wegen des geschilderten Verdachts einen Durchsuchungsbeschluss erwirkte – der dann auch vollstreckt wurde. Dabei, so Becker, wurde auch das Corpus Delicti, sprich das genannte Vorschaltgerät, beschlagnahmt. Dagegen habe Bergers Verteidiger allerdings Beschwerde eingelegt, über die nun abschließend vom Landgericht Bückeburg entschieden werden müsse.

Ob Berger ein Strafverfahren wegen Betruges droht, muss nun anhand eines Sachverständigengutachtens und weiterer Ermittlungen noch geklärt werden.

Wie ein solches Vorschaltgerät überhaupt funktioniert, erklärt Joachim Spohr: „Eigentlich ist es ganz einfach. Das Gerät simuliert eine Art Kraftwerk im Haus, wie etwa eine Fotovoltaik-Anlage, und diese Informationen werden vom analogen Zähler so gedeutet, dass der sich rückwärtsdreht.“

So einfach, so strafbar. Ist das Gerät in Betrieb, wird dadurch ein unrechtmäßiger wirtschaftlicher Vorteil erzielt, der vor Gericht zu einer Bestrafung führen kann.

© Schaumburger Zeitung, 16.10.2009 / Foto: pr