Stromhopping: Sieben Prozent haben bereits gewechselt

07.01.2011

Rinteln (wm). „Bis zu 300 Euro im Jahr sparen“, locken Stromanbieter in TV-Werbung und im Internet. Bundesweit suchen rund 1000 Anbieter neue Kunden. Kommt nach dem Ärztehoppping jetzt Stromhoppping? Kunden, die Jahr für Jahr wechseln, immer auf der Suche nach dem günstigsten Anbieter?

Nein, sagt Jürgen Peterson, Geschäftsführer der Stadtwerke Rinteln. Rund sieben Prozent der Stromkunden haben in den vergangenen Jahren die Stadtwerke verlassen und zu einem anderen Anbieter gewechselt: „Selbstverständlich kämpfen wir um jeden Kunden, obwohl die Wechselquote noch unter dem Bundesdurchschnitt liegt.“ Dieser beträgt nach einer aktuellen Umfrage des Bundesverbandes der deutschen Energie- und Wasserwirtschaft 21,9 Prozent. Im letzten Quartal waren es 50 Kunden, die bei den Stadtwerken kündigten.

Kunden, die zum Strom-Discounter abwandern, wechseln den Anbieter, aber nicht den physikalischen Strom. Der kommt nach wie vor aus der Steckdose. „Der Wechsel ist im Grunde eine reine Abrechnungssache“, schildert Peterson. Fremde Anbieter zahlen Netzgeld, das wiederum ist abhängig von der Menge, liegt zwischen vier und fünf Cent pro Kilowattstunde.

Auch die Stadtwerke Rinteln liefern übrigens nach außerhalb, rund zehn Prozent der gesamten Strommenge, hauptsächlich an Gewerbekunden.

Und es gibt Kunden, die zurückgekommen sind, weil sie bei dem neuen Anbieter das Kleingedruckte nicht gelesen hatten: beispielsweise, dass er keinen Strom für Nachtspeicheröfen liefert. Oder dass sie eine Kaution zahlen müssen. Dann gibt es finanziell klamme Haushalte, die glauben, beim neuen Anbieter Geld sparen zu können, und stellen dann fest, dass er sich nicht auf Ratenzahlungen einlässt. Mehr noch: Gibt es Probleme, ist plötzlich niemand erreichbar, und man verhungert in der Warteschleife der Callcenter.

Peterson empfiehlt da die Fernsehsendung „Plus-Minus“, die solche Fälle gesammelt hat, oder einen Blick ins Internet, bevor man wechseln will. Dort kann man nämlich auch die Stimmen der Skeptiker finden, die warnen, eine Garantie gegen spätere Preiserhöhungen biete ein Wechsel nicht. Und wenn Billiganbieter in finanzielle Schieflage geraten, ist die Vorauszahlung des Kunden meistens weg. Ein Problem bei Internetvergleichen ist auch, dass Voreinstellungen oft so verwirrend sind, dass sie keinen echten Vergleich zulassen.

Für Peterson ist klar, die Stadtwerke Rinteln müssen am Markt konkurrenzfähig bleiben, „aber Dumpingpreise können wir nicht bieten, dafür umfassenden Service – und wir kennen unsere Kunden. Bei uns finden sie immer einen persönlichen Ansprechpartner.“ Aus diesem Grund, sagt Peterson, erleben Stadtwerke bundesweit eine Renaissance.

Die Rintelner Stadtwerke sind als Unternehmensverbund mehr als Lieferanten für Strom, Gas und Wasser, nämlich ein Teil der Infrastruktur dieser Stadt, Arbeitgeber wie Auftraggeber für die heimische Wirtschaft.

Peterson drückt das so aus: „Das Geld, das unsere Kunden bezahlen, bleibt zum großen Teil in der Region. Auch in der Stadtkasse der Stadt Rinteln übrigens, nämlich als Konzessionsabgabe und Gewinnabführung. Bei Konzernunternehmen und Billiganbietern kassieren die Gewinne, die aus unserer Region erwirtschaftet werden, die Finanzinvestoren“.

Emnid, das Institut für Medien- und Sozialforschung in Bielefeld hat in einer Studie jüngst herausgefunden, dass Verbraucher neben Qualität und dem Preis-Leistungs-Verhältnis wie der Zuverlässigkeit auch zu würdigen wissen, wieweit sich ein Unternehmen dem Gemeinwohl verpflichtet fühlt.

Lokal und regional heißt nicht rückständig. Die Stadtwerke, schildert Peterson, agieren immer auf der Höhe der Zeit mit ihrem Engagement für Solaranlagen, Blockheizkraftwerke, Gastankstellen für Autos und Strom sparender Straßenbeleuchtung. „Wenn es eines Tages marktfähige Elektroautos gibt, bauen wir auch eine Elektrotankstelle“, verspricht Peterson.

Die Holdings der Stadtwerke managen das Freibad und das Schwimmbad Steinbergen, ein Parkhaus und die städtischen Immobilien, also auch alle Grundschulgebäude. Ein Unternehmensverbund, der rund 42,5 Millionen Euro Umsatz macht und jährlich rund 2,6 Millionen Euro investiert. Und die Stadtwerke, so erinnert Peterson, unterstützten wie Sparkasse und Volksbank heimische Vereine und Institutionen.

Selbstverständlich geht es immer ums Geld, das weiß man auch bei Geschäftsführung und Aufsichtsrat. Energiepreise sind auch Politik. Peterson zählt auf, wo die Stadtwerke punkten können:

Seit drei Preissenkungen im Jahr 2009 sind die Erdgaspreise nicht mehr angepasst worden. Andere Versorger haben mit der Heizperiode 2010/ 2011 die Erdgaspreise erhöht. Was brutal aufs Portemonnaie schlägt, weil der Winter früh und bitterkalt begann. Wie es mit dem Gaspreis weitergeht, ist offen, denn die Rohstoffrallye hat erst begonnen.

Der Wasserpreis ist seit Januar 2003 konstant, die Abwassergebühren sind zum Januar dieses Jahres gesenkt worden. Der Strom wird allerdings teurer werden, da kann Peterson niemand Hoffnungen machen. Denn die gestiegene EEG-Umlage von 2,047 auf 3,53 Cent pro Kilowattstunde lasse sich nicht auffangen, da gehe es um einen Millionenbetrag.

Und bei den Stadtwerken gibt es ein Belohnungssystem für umweltbewusste Verbraucher. So zahlen die Stadtwerke beispielsweise allen Kunden einen Bonus von 50 Euro, die ein Haushaltsgerät der Energieklasse A kaufen, also eine neue Waschmaschine oder einen neuen Kühlschrank. Wer von Öl auf Gas umstellt, erhält 500 Euro. Private Fotovoltaikanlagen werden gefördert, ebenso Elektrowärmepumpen und der Kauf eines Erdgasfahrzeuges.

© Schaumburger Zeitung, Foto: tol, 07.01.2011