Erdgasautos und Blockheizkraftwerke fördern

18.03.2011

Stadtwerke setzen auf Renaissance für alternative Kraftstoffe und dezentrale Energieversorgung

Rinteln. Ärger um hohe Benzin- und Strompreise – das muss nicht sein. Mehr Unabhängigkeit von den Konzernen ist die Devise der Stadtwerke Rinteln. Und wer dabei mitmacht, bekommt sogar noch einen Zuschuss. Die Stadtwerke setzen auf eine Renaissance der gasbetriebenen Autos und eine zunehmend dezentrale Energieversorgung. Die Auswahl an Erdgasautos und Blockheizkraftwerken nimmt zu, die Mehrkosten in der Anschaffung werden immer geringer, die Amortisierung gelingt immer schneller. Darüber sprach unser Redakteur Dietrich Lange mit dem Energieexperten der Stadtwerke, Thomas Sewald.

 

 

Herr Sewald, der Ärger über E 10-Super und immer höhere Kraftstoffpreise ist groß. Elektro-Autos haben keine Reichweite, Wasserstoff-Autos sind nicht am Markt. Schweizer Forscher feilen an einem Solarreaktor, der ab 2020 Benzin aus Sonnenenergie machen soll und dabei noch Kohlendioxid verbraucht. Aber was hilft uns heute aus der Kostenschraube?

Es werden wirklich viele Wege erprobt, alternative Brennstoffe zu erzeugen, und wir werden Alternativen zum Öl hinbekommen. Die Akzeptanz kommt dann über die Wirtschaftlichkeit, Ölprodukte werden schließlich immer teurer. Bei Erdöl haben wir die Höchstfördermenge schon erreicht, aber die Erdgasvorräte reichen noch gut 300 Jahre.

Erdgasautos gibt es schon, aber bisher nur wenig. Wie sieht es in Rinteln aus?

Wir haben sieben Erdgasfahrzeuge und vier mit LP-Gas in Betrieb, und das älteste Erdgasauto läuft schon mehr als zehn Jahre problemlos, es gibt also bisher keine Langzeitprobleme. Vor fünf Jahren haben wir bei Esso an der Konrad-Adenauer-Straße eine öffentlich nutzbare Erdgastankstelle eröffnet, daneben betreiben wir beim Autohaus Niederdorf in Westendorf und beim Bosch-Service im Emerten je eine LP-Gastankstelle. Wir verkaufen zwar rund 10000 Kilo Erdgas pro Monat an Autofahrer, was rund 1000 Litern Diesel entspricht. Aber es könnte eben mehr sein. 

Woran hapert es?

Zum einen haben Nachrichten über schwarze Schafe in der Umrüsterbranche den anfangs guten Ruf der LPG-Fahrzeuge verschlechtert, und bei Erdgas hatten außer Fiat und Opel lange Zeit kaum Hersteller attraktive Autos mit entsprechenden Motoren im Angebot. Das hat sich aber geändert, vor allem bei VW und Mercedes, die damit den durchschnittlichen CO2-Ausstoß ihrer Fahrzeugflotten senken wollen. Nur bei Nutzfahrzeugen gibt es kaum Angebote. Wir überprüfen als Stadtwerke aber bei jedem Fahrzeugkauf, ob wir es mit einem alternativen Antrieb bekommen können.

Wird es also eine Renaissance für den Gasantrieb geben?

Generell ja. Expertenprognosen zeigen, dass die Preisscheree zwischen Erdöl und Erdgas weiter zunehmen wird. Auch durch den steigenden Einsatz von regenerativ erzeugtem Bio-Erdgas kann die Abhängigkeit vom Erdöl weiter reduziert werden. Die Produktion von Bio-Erdgas erlebt derzeit einen Boom und entwickelt sich zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor in vielen Regionen Deutschlands. 

Renaissance auch in Rinteln?

Wir hoffen sehr. Und wir fördern dies mit dem kostenlosen Tanken von 250 Kilogramm Erdgas bei einer Fahrzeugneuanschaffung. Leider hatten wir in den vergangenen Jahren aber nur noch sehr wenige Förderanträge. Ich denke, es wird jetzt wieder mehr. Immerhin fährt man mit Erdgas bei gleicher Leistung 30 Cent billiger als mit Diesel. Und das gleich ab dem ersten Kilometer, nicht wie früher, wenn der Motor warmgelaufen ist und erst dann von benzin auf Gas umstellt. Außerdem gibt es wegen des geringen CO2-Ausstoßes enorme Kfz-Steuervorteile.

Die Stadtwerke setzen auch bei der Stromerzeugung auf Erdgas und Blockheizkraftwerke. Warum?

Großkraftwerke blasen viel Wärme ungenutzt über die Kühltürme weg, Blockheizkraftwerke haben dagegen keine Wärmeverluste. Ich kann die Wärme im Haus nutzen oder verkaufen. Den Strom kann man selbst verbrauchen oder eben an uns verkaufen. Hier spüren wir bei der Beratung immer mehr Bedarf, die Installierung übernehmen örtliche Handwerker, die von ihren Lieferanten auch immer mehr in diese Richtung geschult werden. Und alle großen Hersteller haben diese Geräte inzwischen im Programm. Mikro-Blockheizkraftwerke gibt es jetzt schon für unter 15000 Euro inklusive Warmwasserbereitung. So können sie schon heute mit hochwertigen Gas-Brennwert-Thermen preislich konkurrieren. Und da der BHKW-Betreiber zum Stromerzeuger und somit Unternehmer wird, spart er die Mehrwertsteuer bei der Anschaffung. Die Stadtwerke legen noch einmal 500 Euro Förderung obendrauf. 

Und wie ist der Erfolg?

In Rinteln werden bereits rund 20 BHKWs betrieben, das bedeutet Stromerzeugung, wie sie dem Verbrauch von rund 2700 Haushalten entspricht. Und wo wir als Stadtwerke Wärme liefern sollen, bauen wir oft gleich ein BHKW ein. Dann bekommt der Kunde Wärme zum marktüblichen Preis, und wir erzeugen dabei günstig Strom für unsere Versorgung mit – eine ökologisch und ökonomisch vernünftige Lösung.

Thomas Sewald von den Stadtwerken Rinteln sieht Erdgas als wichtigen Energieträger der nächsten Jahrzehnte. Mit Erdgas betreiben die Stadtwerke unter anderem in ihrem Verwaltungsgebäude selbst ein Blockheizkraftwerk, vor dem er hier steht. 

 

 

 

 

 

© Schaumburger Zeitung, 18.03.2011, Foto: dil