Energie: Größer werden im Haifischbecken

04.06.2011

Rinteln (wm). Wie kann man im Haifischbecken der großen Energieversorger am besten überleben? Rintelns Bürgermeister Karl-Heinz Buchholz hatte bereits in seiner Neujahrsansprache die Antwort gegeben: „Indem man selbst wächst“ und das am besten mit Partnern „auf gleicher Augenhöhe“ und mit der gleichen Interessenlage.

Ein Schritt zu mehr Größe ist jetzt getan: Die Stadtwerke Rinteln, Bad Salzuflen, Lemgo und Detmold wollen ab 2012 und 2013 die Strom- und Gasnetze für 52 000 Einwohner von Leopoldshöhe, Augustdorf, Dörentrup und der Gemeinde Kalletal betreiben. Das sind 13 433 Haushaltsanschlüsse für Strom, 6117 Anschlüsse für Gas. „Regionales Netzwerk“ heißt diese konkrete Antwort der vier Kommunen und der vier Stadtwerke auf die künftigen Herausforderungen des Energiemarktes.

Stellvertretend für die beteiligten Stadtwerke haben Geschäftsführer Arnd Oberscheven von den Stadtwerken Lemgo und die Vertreter der Gemeinden Anfang dieser Woche im Rathaus von Leopoldshöhe die Konzessionsverträge unterschrieben – Laufzeit 20 Jahre.

Den Weg dazu hatten die Gemeinderäte der vier Gemeinden freigemacht, die teilweise schon ab 2009 beschlossen hatten, sich nach dem Auslaufen der Verträge für Strom und Gas mit e.on und RWE nach neuen Strom- und Gaslieferanten umzuschauen.

Den Zuschlag erhielt in einem Bieterverfahren unter sechs Bewerbern das Konzept des Stadtwerkeverbundes Bad Salzuflen, Detmold, Lemgo und Rinteln. Was Sinn macht: Wie ein Blick auf die Landkarte zeigt, kann jede Gemeinde mindestens einem unmittelbar benachbarten Stadtwerk zugeordnet werden.

Das Netzwerk kommt damit auf 65 000 Hausanschlüsse bei Strom, 40 000 bei Gas. „Zwerge im Energiegeschäft werden so zu einem Marktfaktor“, war während der Vertragsunterzeichnung dazu als Statement zu hören.

Im nächsten Schritt sollen die Gesellschaften gegründet werden, die das operative Geschäft über Dienstleistungsverträge mit den Stadtwerkepartnern abwickeln und Strom- und Gasnetze von e.on und RWE erwerben. Finanziell beteiligt sind alle vier Kommunen wie die vier Stadtwerke.

Für Rintelns Stadtwerkegeschäftsführer Jürgen Peterson war die Beteiligung der Rintelner Stadtwerke logische Konsequenz der bereits bestehenden Zusammenarbeit über die Landesgrenze hinweg. So sind Monteure der Stadtwerke Rinteln schon bisher im Störungs- und Bereitschaftsdienst im Kalletal unterwegs, wenn es im e.on-Gasnetz ein Problem gibt.

Die Vorteile des neuen Netzwerkes für Rinteln wie für die anderen Partner liegen für Peterson auf der Hand: „Alle Beteiligten sind lokal engagiert und haben daher die gleiche Interessenlage. Das Netzwerk sichert Arbeitsplätze durch die Ausweitung der Geschäftsfelder und Dienstleistungen. Die Gemeinden wiederum profitieren von den Erträgen, die durch die Netze erwirtschaftet werden wie durch zusätzliche Gewerbesteuereinnahmen“.

Es soll eine Erfolgsgeschichte werden, die weitergeschrieben werden kann: Neue Partner sind willkommen, das ist anlässlich der Vertragsunterzeichnung in Leopoldshöhe ausdrücklich betont worden.

Die acht Partner liegen mit ihrem neuen Geschäftsmodell im politischen Mainstream, dem bundesweiten Trend zu einer Rekommunalisierung, ausgelöst auch deshalb, weil sich ökologische, dezentrale Energiemodelle vor Ort schneller und effizienter umsetzen lassen als durch Großkonzerne. Und im regionalen Netzwerk können Gemeinden ein gewichtiges Wort bei der örtlichen Energiepolitik mitreden. Friedrich Ehlert, Bürgermeister in Dörentrup drückte das so aus: „Energieversorgung muss wieder eine Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft werden.“

Für die Kunden übrigens ändert sich unabhängig vom geplanten Netzkauf nichts: Sie blieben bei ihrem bisherigen Energielieferanten.

© Schaumburger Zeitung, 04.06.2011