„Das war toll, wir kommen wieder“

08.09.2014

5. Große Weserrunde lockt 130 Radler mehr als 2013: Kein Hotelbett mehr frei

Rinteln. Der Radmarathon „Große Weserrunde“ wird zu einem immer größeren Magneten für die spezielle Szene ambitionierter Landstreckenradler. Mit 284 Startern lockte die 5. Auflage gut 130 mehr zum Start- und Zielort Rinteln als im Vorjahr. Bis aus Aachen, Ostfriesland, Berlin, Bremen und Frankfurt reisten die Pedalritter an, und ziemlich geschafft, aber glücklich sagten viele beim Schlussessen in der Mensa des Ernestinums: „Das war toll, wir kommen wieder.“

„In Rinteln war kein Hotelzimmer mehr frei“, freute sich Thomas Sewald, Geschäftsführer des Veranstalters Stadtwerke Rinteln, darüber, dass auch die heimische Wirtschaft von dem Ereignis profitierte. Manche Starter kamen aber auch schon bis zu 30 Kilometer angeradelt, um sich dann quasi schon auf Betriebstemperatur die 320 Kilometer bis Hann. Münden und zurück vorzunehmen. Sewald: „320 Kilometer sind für viele noch gar keine extreme Langstrecke. Und rund 50 Prozent unserer Teilnehmer sind bereits Rinteln-Wiederholer.“ Übrigens waren nur sieben Rintelner am Start.

Matthias Wilke (49) aus Herford war Neuling, radelt sonst maximal 200 Kilometer am Stück, aber 300 bis 400 pro Woche: „Dieses Jahr habe ich schon 12000 Trainingskilometer in den Knochen. Hier hatte ich mir das allerdings flacher vorgestellt. Ich bin fix und alle, würde es aber sofort wieder machen“, sagte er nach der 320-Kilometer-Runde in etwa neun Stunden. „Aber ohne den Anschluss an eine Gruppe aus Hamburg hätte ich wohl nicht zurückgefunden.“ Gerrit Bornemüller aus dem Hamburger Team war technisch im Vorteil: „Wir hatten einen GPS-Tacho dabei, und den brauchten wir. Denn los ging es im dicken Nebel, dann eine Zeit lang Sonne, zwischen Hann. Münden und Bad Karlshafen heftiger Regen und danach wieder trocken, das war schon was. Aber im Konvoi mit Windschattenfahren wird man zum Glück fast nur von unten durch Spritzwasser nass.“

Von dem Hamburger Quartett profitierte lange Zeit auch Paul Medhurst (50), Engländer aus dem ostfriesischen Varel., ebenfalls zum ersten Mal über 320 Kilometer dabei: „Erst 40 Kilometer vor Schluss konnte ich nicht mehr mithalten, ich kam eine halbe Stunde später als sie in Rinteln an.“ Medhurst zeigt seine lädierte Hose und blutige Hautabschürfungen an Knie und Ellbogen: „Nach 80 Kilometern bin ich gestürzt, als ich an einer hohen Asphaltkante mal nicht konzentriert war. Das ist mir in Jahrzehnten noch nie passiert. Aber das Rad ist nur leicht beschädigt, ich konnte weitermachen.“

Für Medhurst steht fest: „Ich komme wieder, es ist schön hier, aber ich habe ja noch kaum etwas gesehen. Ankunft im Dunkeln im ,Alten Zollhaus‘, Start morgens bei Dunkelheit im Nebel, und jetzt sind schon wieder Essen, Duschen und Heimfahrt nach Varel angesagt“, lacht er. „Ich werde auf jeden Fall mit meiner Freundin wiederkommen und genießen.“

In 15er-Gruppen und mit drei Minuten Abstand wurde die Teilnehmer ab 6 Uhr auf die Strecke geschickt, zuerst die „Radmarathonis“, zuletzt die Kurzstreckenfahrer bis Holzminden und zurück (150 Kilometer). Die Firma Bauer Giese hatte in der Schulmensa ein Frühstücksbüfett aufgebaut (Falk Giese: „Ab 2.30 Uhr 400 halbe Brötchen geschmiert.“), sorgte nachmittags auch für das Essen nach der Tour. Fast 30 Nachmelder drängten sich derweil gut gelaunt am Tisch von Vivian Eberhardt (Stadtwerke): „Den für nachmittags angesagten Regen nahmen alle mit Humor.“ 14 Gruppen hatten 320 Kilometer, eine 250 Kilometer, vier 200 Kilometer und drei 150 Kilometer im Visier.

Etwa 40 Starter hatten sich am Abend zuvor bei der Pastaparty im Ratskellergewölbe gestärkt und wurden von dem gerade aus dem Urlaub zurückgekehrten Bürgermeister Karl-Heinz Buchholz begrüßt. Matthias Schuster aus Stade kehrte mit seiner Frau Barbara bei seiner Mutter in Rinteln ein und freute sich besonders, das Gymnasium Ernestinum zu sehen: „Dort habe ich vor 38 Jahren mein Abitur gemacht.“ Susanne Noltemeier, Jakob Reschke und Florian Wunderling von der Radlergruppe „Freie Radikale“ aus Hannover reisten erst morgens an und starteten um 8 Uhr in der drittletzten Gruppe über 150 Kilometer. Sie lachten: „Für die Langstrecke hätten wir zu früh aufstehen müssen.“

Zu den Frühaufstehern gehörten auch Mitglieder der Feuerwehr Möllenbeck um Ortsbrandmeister Markus Dinter: Aufsicht am Start und Streckenposten beim Durchradeln der Fußgängerzone bis zur Büntebrücke. Dinter: „Wir helfen doch gern, auch so früh.“

Unfälle wurden nicht gemeldet. Ob alle das Ziel bis 24 Uhr erreichten, stand gestern nicht fest. „Wenn jemand abbricht oder sich im Ziel nicht abmeldet, kriegen wir das nicht mit“, sagte Sewald. „Aber sicher ist: Nächstes Jahr gibt es bei uns die 6. Große Weserrunde.“

© Schaumburger Zeitung, 08.09.2014