Einmal "Volltanken" dauert zwei Stunden

29.09.2014

Elektro-Mobilität: Die Infrastruktur in Rinteln ist da – für (noch) wenige Fahrzeuge

Rinteln. E-Mobile kommen nicht so recht voran, man sieht nur wenige in der Stadt. Manfred Nowack von den Stadtwerken schätzt, in Rinteln dürften wohl etwa zehn E-Autos unterwegs sein. Er kann es gut schätzen, weil viele Stadtwerkekunden sind, doch eine genaue Zahl gibt es nicht.

E-Mobile sind (noch) teuer und sie neu aufzuladen, wenn die Batterie leer wird, ist eine logistische Herausforderung, weil die Zahl der Ladestationen im Vergleich zu Tankstellen überschaubar ist.

Dieses Handicap gibt es seit Anfang September zumindest in Rinteln nicht mehr. Inzwischen haben E-Mobilisten die Wahl zwischen vier Ladestationen in der Stadt.

Jüngst haben die Stadtwerke zwei neue installiert. E-Power gibt es am Weseranger (zwei Stationen) in der Wallgasse und am Steinanger.

Es war gerade Ökomarkt in der Stadt. Und damit waren freie Parkplätze rund um die Altstadt rar. Da fuhr ein Tesla, das ist die Edel-Marke unter den Elektromobilen, in Schleichfahrt über die Weserbrücke stadteinwärts.

Man darf davon ausgehen, der Fahrer hat da gerade auf den Weseranger geblickt und eine herbe Enttäuschung erlebt. Obwohl ihm das Internet signalisiert haben dürfte, am Weseranger in Rinteln gebe es zwei Ladestationen, davon eine nagelneue, und beide seien frei, konnte der Tesla-Fahrer mit dem Münchner Kennzeichen hier nicht „nachtanken“. Denn beide Ladesäulen waren von anderen Wagen zugeparkt.

Deshalb wünschen sich die Stadtwerke hier eine besondere Markierung und ein Halteverbot für Fahrzeuge, die nicht an die E-Säule wollen. Daher, schilderte Stadtwerkevertriebschef Thomas Rinnebach, seien die Ladestationen zwar schon in Betrieb, aber noch nicht offiziell eröffnet.

Mit den neuen Ladestationen bieten die Stadtwerke den Stand der Technik des Smartphone-Zeitalters bei den Bezahlmodellen. So erhält ein Autofahrer, der Stromkunde bei den Stadtwerken ist, eine persönliche Identifikationsnummer, eine PIN, mit der er über Handy an der Tanksäule bezahlen kann. Ein Stadtwerkekunde kann sich auch ein codiertes Ladekabel besorgen, das automatisch den Tankkunden erkennt. Bezahlen kann man auch über eine App oder per SMS. Wie das im Einzelnen funktioniert und was das kostet, die Einzelheiten dazu findet man demnächst im Internet. Und noch etwas ist neu: Wer sein Auto per Vertrag auflädt, erhält automatisch „grünen“ Ökostrom.

Einmal volltanken heißt bei E-Power: zwei Stunden! Das tut man am besten, wenn man im Büro sitzt oder einen Einkaufsbummel macht. Hier hilft künftig das Internet bei der Planung. Man kann nicht nur sehen, ob die Tanksäulen belegt sind und wie lange, sondern eine freie Säule auch reservieren.

Ebenfalls neu: E-Mobilbesitzer können sich eine eigene schnelle Ladebox in ihrer Garage oder ihrem Carport installieren lassen zu dem Tarif, der auch für den restlichen Haushalt gilt. Voraussetzung hier: ein Starkstromanschluss.

Die Stadtwerke fördern schon jetzt umweltbewusstes Verbraucherverhalten, in dem sie den Kauf von energiesparenden Haushaltsgeräten mit einer einmaligen Prämie honorieren.

Diese Linie will man auch bei der E-Mobilität fortsetzen, schilderte Rinnebach. Das Modell soll auch E-Bikes und E-Roller einschließen. Geplant sind Prämien zwischen 50 und 250 Euro (für den Kauf eines Elektromobils).

Einer der ersten E-Mobilfahrer in Rinteln war Jörg Sasse. Sasse lädt seinen Smart über Nacht an der Steckdose auf. Etwa 130 Kilometer kommt er damit.

Sasse ist überzeugt, E-Power werde sich langfristig durchsetzen. Sein Smart ist leise, pustet keine Abgase in die Umwelt, ist handlich und agil, die Technik eines Elektromotors unkompliziert im Vergleich zum Benziner.

Sasse ist sicher, man werde alle Handicaps dieser Technologie, wie etwa die langen Ladezeiten, überwinden, das sei nur eine Frage der Zeit.

Die Technik für schnelles Aufladen gibt es schon, nur ist sie teuer, deshalb streiten sich zurzeit Autohersteller und Stromlieferanten, wo man die Schnellladesysteme einbauen soll. Ins Auto selbst oder in die Ladestationen?

So lange einmal komplett „Volltanken“ dauert, so rasant ist ein Ampelstart. Selbst ein ganz normales E-Auto wie der Smart legt hier einen Ampelspurt vor, dass man schon in einem Porsche sitzen muss, um mitzuhalten.

© Schaumburger Zeitung, 29.09.2014