Droht am 20. März der Blackout?

07.03.2015

Sonnenfinsternis stellt Stromnetzbetreiber auf die Probe / Stadtwerke Rinteln optimistisch

Rinteln. Für die Stromnetzbetreiber ist es eine mit Hochspannung erwartete Premiere. Denn die bevorstehende Sonnenfinsternis am 20. März stellt die für die Netzregulierung zuständigen Stromnetzbetreiber vor eine so noch nie da gewesene Herausforderung. 1999, bei der letzten totalen Sonnenfinsternis, gab es noch keinen Grund, sich Sorgen zu machen. Die Stromerzeugung durch Sonnenenergie war in Deutschland damals noch minimal, folglich konnte eine Sonnenfinsternis auch nicht die Stabilität der Stromversorgung gefährden. 16 Jahre später ist das anders. Ein nicht unbeträchtlicher Teil des benötigten Stroms wird heute aus Solarenergie gewonnen. Das bedeutet: Ein Blackout im Stromnetz ist am 20. März nicht auszuschließen, sofern die Netzbetreiber nicht entsprechende Vorsorge treffen.

Wenn sich an diesem Morgen gegen 9.30 Uhr der Mond zwischen Sonne und Erde schiebt, wird es nicht in ganz Deutschland gleichzeitig und auf einen Schlag dunkel. Denn erstens schiebt sich der Mond nur relativ langsam vor die Sonne. Und wenn es an der Grenze zu Frankreich dunkel wird, kann es an der Grenze zu Polen schon wieder heller werden. Deutschland wird also nicht schlagartig in Schatten gehüllt. Sondern die Sonneneinstrahlung geht langsam zurück und kommt langsam wieder.

Wie stark sich die Sonnenfinsternis auf die Solarenergieanlagen auswirken wird, ist stark wetterabhängig. Bei Regenwetter wird sowieso wenig Strom aus Sonnenenergie produziert, also kann auch keine Stromproduktion ausfallen.

Wenn jedoch Sonnenwetter herrscht, doch die normalerweise erwartete Sonneneinstrahlung plötzlich für voraussichtlich knapp anderthalb Stunden unterbrochen wird, wird die Stabilität der Stromversorgung auf die Probe gestellt. Dann muss das Stromnetz von seinen Betreibern so reguliert werden, dass die Versorgung überall sichergestellt ist – der fehlende Solarstrom also anders produziert werden.

Für Rinteln ist dafür der Stromnetzbetreiber Tennet zuständig. Das Stromnetz, erklärt Thomas Sewald, der technische Leiter der Stadtwerke Rinteln, muss man sich vorstellen wie eine Badewanne. „Durch den Abfluss wird Strom abgezapft, durch den Hahn Strom zugeführt. Der Wasserspiegel der Wanne darf nicht schwanken. Deshalb wird immer gleich viel Strom verbraucht wie produziert“, veranschaulicht er. Da dies aber nicht realistisch sei, brauche es jemanden, der dieses Verhältnis reguliert.

Wenn zum Beispiel ein Kernkraftwerk ausfällt, dann muss der Stromnetzbetreiber innerhalb kürzester Zeit eine Leistung in Höhe von 1600 Megawatt ersetzen und dafür sorgen, dass der benötigte Strom von anderer Stelle zugeführt wird. Sewald verweist auf den bislang spektakulärsten Stromausfall der jüngeren Vergangenheit: 2006 kam es im Zuge der Ausschiffung eines Kreuzfahrtschiffes der Meyer Werft infolge von Netzschwankungen in großen Teilen von Europa zu einem Stromausfall, der bis zwei Stunden andauerte.

Am 20. März müssen sich die Stromnetzbetreiber nunmehr auf einen umfangreichen Ausfall der Photovoltaikanlagen vorbereiten. Der Vorteil gegenüber dem unvorhersehbaren Tagesgeschäft: Abgesehen vom Wetter sind die Maßnahmen, um die Stromversorgungen an diesem Tag aufrechtzuerhalten, planbar, sagt Sewald. Die große Herausforderung besteht jedoch darin, diese für Tennet & Co. neue Situation zu meistern.

Im Zuge dessen kann es sein, dass auch die Stadtwerke Rinteln von Tennet dazu angehalten werden, eine bestimmte Menge an Megawatt für den Verbrauch abzuschalten, um die Netzstabilität zu gewährleisten, sagt der technische Leiter. Infolgedessen wären Teile Rintelns ohne Strom.

„Aber man muss sich auch vor Augen halten, dass Rinteln eine Kleinstadt ist“, führt Sewald aus. „Selbst wenn man ganz Rinteln den Strom abstellen würde, hätte das kaum Auswirkungen auf das Stromnetz.“

Von daher ist Sewald optimistisch, dass es in Rinteln zu keinerlei Stromausfällen kommen wird: „Wir fühlen uns bei Tennet gut aufgehoben.“

© Schaumburger Zeitung, 07.03.2015