FAQ - häufig gestellte Fragen
1. Woher stammen die Altlasten auf dem Gelände der Stadtwerke Rinteln?
Bei den Altlasten handelt es sich um Produktionsrückstände aus vergangenen Tagen: Bevor das Erdgasnetz in den 1960er Jahren in Deutschland aufgebaut wurde, waren die Städte darauf angewiesen, ihr benötigtes Gas selbst herzustellen – so auch in Rinteln. In der Zeit von 1896 bis 1964 stand das Rintelner Gaswerk auf dem heutigen Stadtwerkegelände. Wie in vielen anderen Städten wurde hier früher aus Kohle und Koks das sogenannte Stadtgas erzeugt. Es wurde für die Straßenbeleuchtung verwendet, aber auch zum Kochen und Heizen. Sicherheitsvorkehrungen, wie sie heute Standard sind, gab es damals nicht. Deshalb drangen Rückstände wie Schlacke und Ammoniak, die bei der Produktion entstanden sind, zum Teil in den Boden ein.
2. Sind die Belastungen ausschließlich im Boden des Stadtwerke-Areals oder auch im Grundwasser darunter gefunden worden?
Die Altlasten konzentrieren sich im Stadtwerke-Areal auf den Boden. Ein Teil der Stoffe ist jedoch auch im Grundwasser zu finden. Die Altlasten im Boden sind in den Bereichen der ehemaligen Gasproduktion und der ehemaligen Abfallsammelanlage; sie stammen aus dem Betrieb des ehemaligen Gaswerks, das bis 1964 Stadtgas erzeugte. Über die Jahre sind Stoffe aus dem Boden in geringen Mengen auch ins Grundwasser gelangt, das dort sehr langsam fließt. Deshalb wird jetzt das Grundwasser saniert.
3. Gibt es auch Belastungen außerhalb des Stadtwerke-Geländes?
Die Umgebung des Stadtwerke-Areals ist ebenfalls gründlich untersucht worden. Außerhalb des Stadtwerke-Areals finden sich lediglich Cyanide in abnehmender Konzentration im Grundwasser mancher direkt benachbarten Flächen, insbesondere auf dem Bahngelände Richtung stillgelegter Bahnlinie. Das Grundwasser bewegt sich in diesem Bereich sehr langsam in Richtung der stillgelegten Bahnlinie und Richtung Weser. Erhöht sind die Werte nur auf dem Betriebsgelände der Stadtwerke und im Bereich der Bahngleise. Davon abgesehen liegen die gemessenen Werte außerhalb des Stadtwerke-Areals überall unter den gesetzlichen Vorgaben.
4. Welche Stoffe müssen beseitigt werden?
Die auf dem Stadtwerkegelände gefundenen Stoffe sind komplex und größtenteils schwer wasserlöslich. Sie verbleiben vorwiegend im Boden. Bei den Stoffen der PAK-Gruppe und Acridinon ist aufgrund der geringen Konzentration im Boden keine Sanierung erforderlich. Bei den Cyaniden besteht jedoch Sanierungsbedarf, da sich ein Teil der Cyanide zersetzt und den Weg in das Grundwasser findet. Sie werden seit Anfang 2022 mittels eines innovativen biologischen Verfahrens nachhaltig abgebaut, indem Mikroorganismen die Cyanide zersetzen und unschädlich machen. Bei dem biologischen Verfahren arbeiten die Stadtwerke Rinteln mit den Firmen M&P Ingenieurgesellschaft mbH aus Hannover und der Sensatec GmbH aus Kiel zusammen.
5. Was sind Cyanide und wie werden diese abgebaut?
Cyanide sind Salze und andere Verbindungen der Blausäure (Cyanwasserstoff, HCN), die toxisch sind, deren Aufnahme in sehr geringen Mengen aber ungefährlich ist. Sie kommen auch in der Natur nahezu überall vor; meist jedoch in niedriger Konzentration. Es gibt sehr viele unterschiedliche Mikroorganismen, die in der Lage sind, Cyanide umzubauen. Auch am Standort des ehemaligen Gaswerks in Rinteln gibt es Vorkommen von unterschiedlichen Mikroorganismen, die sich von Cyaniden ernähren. Die Populationen haben sich im Laufe des vergangenen Jahrhunderts gebildet und dort angesiedelt. Die vorhandenen Mikroorganismen werden bei der Rintelner Grundwassersanierung gezielt zum Wachstum angeregt, um die dort vorhandenen Cyanide schneller abbauen zu können. Der Abbau erfolgt somit zu 100 Prozent auf biologische und nachhaltige Weise.
6. Was passiert, wenn Cyanide mit Luft und Licht in Berührung kommen?
Cyanide reagieren sehr empfindlich auf Luft und Licht. Sie unterliegen einer UV-Oxidation. Das heißt, Sonnenlicht zerstört sie. Deshalb würde man auch in Gärten, die mit Cyaniden belastetem Brunnenwasser gegossen worden wären, keine Rückstände des Stoffes finden.
7. Um welche Stoffe handelt es sich bei Acridinon und PAK?
Acridinon ist ein Abbauprodukt von Acridin, das in Steinkohleteer vorkommt; es ist ein typischer Vertreter im Rückstands-Cocktail von ehemaligen Gaswerken. Über deren Auswirkungen auf den menschlichen Organismus lässt sich noch sehr wenig sagen, da der Stoff bisher zu wenig erforscht ist.
Bei Stoffen der PAK-Gruppe handelt es sich um Polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK). Sie entstehen bei der unvollständigen Verbrennung von organischem Material wie beispielsweise Holz oder Kohle. Aufgrund ihrer Eigenschaften in der Umwelt werden sie als sogenannte „PBT“-Stoffe bewertet. Diese Stoffe sind persistent (d.h. sich schlecht oder gar nicht in der Umwelt abbauend), bioakkumulierend (d.h. sich in Organismen anreichernd) und meist auch toxisch (d.h. giftig). Da sie unter dem Stadtwerkegelände in Rinteln nur in geringer Konzentration vorkommen und schwer wasserlöslich sind, besteht aber kein Sanierungsbedarf.
8. Wie sind die Stadtwerke in Abstimmung mit dem Landkreis bezüglich der Altlasten vorgegangen?
Im Jahr 2015 hat der Landkreis Schaumburg systematisch Standorte, die aufgrund ihrer früheren Nutzung belastet sein könnten, nach möglichen Altlasten untersucht. In diesem Zug wurden auch die Rückstände auf dem Stadtwerke-Areal in Rinteln entdeckt. Im zweiten Schritt folgten in den Jahren 2016 bis 2020 umfangreiche Untersuchungen des Bodens und Grundwassers auf dem Gelände wie auch in der unmittelbaren Umgebung. Im Juni 2021 hat der Landkreis die Grundwassersanierung genehmigt. Seitdem kümmern sich die Stadtwerke in enger Abstimmung mit dem Landkreis um die Sanierung der Schadensherde. Parallel dazu betreiben die Stadtwerke ein kontinuierliches Monitoring des Grundwassers. Die beauftragten Fachunternehmen beobachten die Qualität und den Pegel, wie auch die Fließgeschwindigkeit des Wassers und die Grundwasserströme, die durch die Hotspots fließen, um daraus Schlüsse für das weitere Vorgehen ableiten zu können. Seit September 2021 ist das Sanierungsprojekt im Internet für die Öffentlichkeit einsehbar und wird seitdem auch über alle neuen Erkenntnisse und Ergebnisse auf dem Laufenden gehalten.
9. Sind die Belastungen ausschließlich im Boden des Stadtwerke-Areals oder auch im Grundwasser darunter gefunden worden?
Die Altlasten konzentrieren sich im Stadtwerke-Areal auf den Boden. Ein Teil der Stoffe ist jedoch auch im Grundwasser zu finden. Die Altlasten im Boden liegen in den Bereichen der ehemaligen Gasproduktion und der ehemaligen Abfallsammelanlage; sie stammen aus dem Betrieb des ehemaligen Gaswerks, das bis 1964 Stadtgas erzeugte. Über die Jahre sind Stoffe aus dem Boden in geringen Mengen auch in das Grundwasser gelangt, das dort sehr langsam fließt. Deshalb wird jetzt das Grundwasser saniert. Aufgrund der inzwischen fast kompletten Versiegelung des Areals kann ein weiterer Eintrag von Schadstoffen in das Grundwasser durch Niederschlag ausgeschlossen werden. Lediglich bei Hochwasser können Schadstoffe aus über dem Grundwasserspiegel liegenden Bodenschichten in das Grundwasser gelangen. Durch den Reinigungszyklus verlassen diese das Stadtwerke-Gelände jedoch nicht und werden mithilfe des Sanierungsverfahrens direkt abgebaut.
10. Wie schnell fließt das Grundwasser im Bereich des Stadtwerke-Areals? Und in welche Richtung?
Das Areal der Stadtwerke liegt auf den sogenannten Niederterrassen der Weser. Das Grundwasser in diesem Bereich fließt sehr langsam in Richtung der stillgelegten Bahnlinie. Im Durchschnitt legt es in einem Jahr 140 Meter zurück. Zum Vergleich: Eine Schnecke kommt im gleichen Zeitraum 36.800 Meter voran. Untersuchungen haben ergeben, dass in Fließrichtung des Grundwassers Schadstoffe vom Gelände ausgetragen wurden. Auch wenn es sich aufgrund der langsamen Fließgeschwindigkeit um äußerst geringe Mengen handelt, wird das Grundwasser saniert, um künftig einen weiteren Schadstoffaustrag zu verhindern.
11. Wie entwickelt sich die Schadstofflage bei Hochwasser?
Bei einem Hochwasser der Weser steigt auch der Grundwasserspiegel auf dem Stadtwerke-Areal an. Nach bisherigen Erkenntnissen kann es im Bereich des Stadtwerke-Areals auf bis zu drei Metern unterhalb der Bodenoberfläche ansteigen. Das begünstigt die Ausspülung von Cyaniden aus diesen Bodenschichten. Zuletzt war dies aufgrund des prägnanten Hochwassers Ende 2023 der Fall: Die Cyanid-Konzentration im Grundwasser stieg infolgedessen stark an, durch den zur Sanierung eingesetzten Reinigungszyklus, konnten die Cyanide das Gelände jedoch nicht verlassen: Denn durch den Reinigungskreislauf entsteht eine Abstromsicherung. Dank des überdurchschnittlichen Anstiegs des Grundwasserspiegels gelang es mit dem biologischen Sanierungsverfahren Schadstoffe abzubauen, die üblicherweise oberhalb des Grundwasserspiegels liegen.
12. Wird das Grundwasser unter dem Stadtwerke-Areal und dessen Umgebung regelmäßig beobachtet und analysiert?
Ja. Es gibt mittlerweile insgesamt über 100 Messstellen auf dem Gelände und der unmittelbaren Umgebung, wovon 60 Messstellen als Sanierungsbrunnen und mehr als 40 für ein sehr engmaschiges Monitoring verwendet werden. Neben der biologisch-chemischen Zusammensetzung des Grundwassers werden folgende Parameter gemessen und berechnet: Pegelstände, Fließgeschwindigkeit, pH-Wert, Sauerstoff, Leitfähigkeit und Redoxpotential.
13. Ist die Trinkwasserversorgung betroffen?
Nein. Die Trinkwasserversorgung in Rinteln ist von den Altlasten unter dem Stadtwerke-Areal nicht betroffen. In diesem Bereich wird kein Wasser für die Trinkwasserversorgung gefördert. Die Brunnen für die Trinkwasserversorgung der Stadt Rinteln, liegen auf der anderen Weserseite. Die Weser bildet zusätzlich einen natürlichen Schutzwall.
14. Gibt es auch Belastungen außerhalb des Stadtwerke-Geländes?
Nachdem die Altlasten auf dem Stadtwerke-Areal identifiziert worden waren, haben die Stadtwerke Rinteln in enger Zusammenarbeit mit dem Landkreis Schaumburg tiefgreifende Untersuchungen in die Wege geleitet. Außerhalb des Stadtwerke-Areals wurden Cyanide in geringer Konzentration im Grundwasser unterhalb von drei Grundstücken gefunden: dem Bahngelände in Richtung der stillgelegten Bahnlinie, dem Kindergartengelände und dem Grundstück eines Einfamilienhauses in unmittelbarer Nachbarschaft. Die Schadstoffkonzentration auf den umliegenden Grundstücken lag unterhalb des gesetzlichen Grenzwerts, womit eine Gefahr für Anlieger und die Bevölkerung ausgeschlossen werden kann. Erhöht waren lediglich die Werte auf dem Betriebsgelände der Stadtwerke und im Bereich der Bahngleise.
15. Sind auch private Grundstücke von den Altlasten betroffen?
Ja, ein privates Grundstück. Es liegt vom Stadtwerkegelände aus gesehen in Richtung Weser in der Nähe der stillgelegten Bahngleise. Rund um das Grundstück wurden drei Messstellen errichtet, um aussagekräftige Daten über die vorliegende Kontamination des Privatgrundstücks zu erhalten. Zudem wurde ein Hausbrunnen östlich des Grundstücks untersucht. Die Untersuchungsergebnisse haben gezeigt, dass die Cyanid-Fahne im Grundwasser das Grundstück erreicht hat. Da es jedoch auf dem Grundstück keinen intakten Brunnen gibt, stellt dies keine Gefahr für die Anwohner dar. Die Stadtwerke Rinteln führen an mehreren Punkten im Umkreis ihres Grundstücks ein Grundwassermonitoring durch. Zwei dieser Messstellen befinden sich in unmittelbarer Nähe zum Privatgrundstück. Sie beproben kontinuierlich das vom Stadtwerke-Grundstück kommende Grundwasser jeweils bevor es in den Einzugsbereich des Privatgeländes fließt und erneut nach dessen verlassen. Eine Beprobung des Privatgrundstücks ist damit nicht erforderlich und sollte umgangen werden, da für die Einrichtung eines kontinuierlichen Grundwassermonitorings schweres Gerät wie Raupe und Bohrgerät erforderlich wäre. Zwar konnten im Boden auf dem Privatgrundstück Schadstoffe wie PAK festgestellt werden, ein Gutachten belegt jedoch, dass diese nicht mit den auf dem Stadtwerke-Gelände gefundenen Stoffen übereinstimmen. Die gefundenen Schadstoffe stammen demnach nicht von den Altlasten der ehemaligen Gasproduktion, sondern sind vermutlich auf die Nutzung des stillgelegten Bahndamms als Abstellgleis zurückzuführen. In der Vergangenheit wurden dort Kesselwagen mit Kesselschlacke eines ansässigen Unternehmens vor dem Abtransport zwischengelagert. Auch die früher gängige Praxis Gleisschwellen aus Holz mit einem Teergemisch zu imprägnieren und so haltbar zu machen, kann als weitere Ursache vermutet werden.
16. Ist das Gelände des neuen Kindergartens in irgendeiner Weise mit Schadstoffen belastet?
Nein, der Boden ist frei von Verunreinigungen. Das Grundstück, auf dem der neue Kindergarten errichtet worden ist, wurde im Rahmen des Planungs- und Genehmigungsverfahrens gründlich untersucht. Dazu wurde das Grundstück in acht Felder eingeteilt, die jeweils einzeln systematisch beprobt worden sind. Die Werte aller analysierten Stoffe waren unauffällig. Sie lagen entweder unterhalb der Nachweis- oder unterhalb der strengen Vorsorgewerte der Bundesbodenschutzverordnung für Kinderspielflächen. Der Boden auf dem Gelände ist zum Spielen, Buddeln und Bepflanzen in vollem Umfang geeignet. Lediglich im Grundwasser, das sich im Mittel rund fünf Meter tief unter der Erdoberfläche befindet, sind Cyanide nachweisbar. Eine natürliche Lehmschicht deckelt das Grundwasser nach oben ab.
17. Wie wird sichergestellt, dass keine Gefahr für die Bevölkerung besteht?
Außerhalb des Stadtwerke-Areals wurden Cyanide in geringer Konzentration im Grundwasser unterhalb von drei Grundstücken gefunden: dem Bahngelände in Richtung der stillgelegten Bahnlinie, dem Kindergartengelände und dem Grundstück eines Einfamilienhauses in unmittelbarer Nachbarschaft. Die dortige Schadstoffkonzentration lag jedoch unterhalb des gesetzlichen Grenzwerts. Trotzdem sollte dem Grundwasser dort zur Sicherheit kein Wasser entnommen werden; auch der Bau eines Brunnens ist nicht erlaubt. Eventuell vorhandene Grundwasserbrunnen sollten versiegelt werden, um zu gewährleisten, dass kein möglicherweise belastetes Grundwasser an die Oberfläche gelangt. Ein weiterer Eintrag von Cyaniden aus dem Stadtwerke-Areal wird durch die Abstromsicherung des biologischen Sanierungsverfahrens vermieden. Diese entsteht durch den zur Sanierung angewandten Reinigungszyklus: Das mit dem Wirkstoff-Gemisch versetzte und Cyanide enthaltende Grundwasser wird mithilfe hydraulischer Pumpen vor dem Abstrom vom Gelände immer wieder hochgepumpt und dem Reinigungszyklus wiederzugeführt. Es verlässt das Gelände damit nicht.
18. In welcher Tiefe kommen die Schadstoffe außerhalb des Stadtwerkegeländes vor?
Die Grundwasser führende Schicht befindet sich im Mittel in rund fünf Metern Tiefe und ist nach oben durch eine natürliche Lehmschicht abgedichtet. Der Boden auf den eben genannten Grundstücken kann ohne Einschränkung zur Bepflanzung von Lebensmitteln genutzt werden. Eine Gefährdung kann ausgeschlossen werden.
19. In welcher Tiefe sind Schadstoffe auf dem Stadtwerke-Areal vorhanden?
Es gibt auf dem Stadtwerke-Gelände zwei Schadensherde, sogenannte Hotspots. Diese befinden sich in den Bereichen der ehemaligen Gasproduktion und der damaligen Abfallentsorgungsanlage ab einer Tiefe von 0,5 Metern. Dort ist die Belastung sowohl im Boden vorhanden als auch im Grundwasser darunter. Die dort identifizierten komplexen Cyanide und die polyzyklisch aromatischen Kohlenwasserstoffe (PAK) bleiben zum Großteil vor Ort im Boden gebunden und bewegen sich nicht fort. Begünstigt wird dies, da der Boden am Standort des ehemaligen Gaswerks seit Jahrzehnten durch Gebäude, Höfe und Wege versiegelt ist und deshalb kein Wasser eindringen kann.
20. Findet eine Sanierung des Bodens oder des Grundwassers statt?
Die Stadtwerke Rinteln haben sich gegen einen Bodenaushub mit Entsorgung des kontaminierten Erdreichs entschieden und setzen stattdessen auf ein biologisches Verfahren des Grundwassers. Die Cyanide unter den beiden Schadensherden (Hotspots) werden biologisch mithilfe von Mikroorganismen abgebaut. Dafür wird das Grundwasser in einem künstlich hergestellten Kreislauf auf dem Stadtwerke-Areal geführt. Einen ersten Meilenstein haben die Stadtwerke und ihre Partner mit der biologischen Sanierung im Juni 2024 erreicht. Der erste, kleinere Reinigungszyklus im Bereich der ehemaligen Gasproduktion ist seitdem abgeschlossen. Die kontinuierliche Überwachung der Werte beweist den nachhaltigen Erfolg der Maßnahme: Die Cyanid-Konzentration ist auch in den vergangenen Monaten kontinuierlich unterhalb des angestrebten Sanierungszielwerts geblieben und nimmt sogar weiter ab.
21. Welches Verfahren wird für die Sanierung angewandt?
Bei dem gewählten Verfahren zersetzen Mikroorganismen die Schadstoffe und sorgen so dafür, dass die Belastung schnell zurückgeht. Es sind winzige Helfer, die bereits vor der Sanierung im Boden auf dem Stadtwerke-Areal vorgekommen sind. Ihre Population wird künstlich erhöht, damit sie die Cyanide schneller aufnehmen und zersetzen. Dabei handelt es sich nicht um eine bestimmte Art von Bakterie, sondern um mehrere Arten von sogenannten Cyanid-Fressern. Das Wachstum der Kolonien fördert man durch Zusatznahrung in Form von Zuckerlösung und Sauerstoff, die über zahlreiche Röhren dem Grundwasser zugeführt werden. Bei dem biologischen Verfahren arbeiten die Stadtwerke Rinteln mit den Firmen M&P Ingenieurgesellschaft mbH aus Hannover und der Sensatec GmbH aus Kiel zusammen. Die beteiligten Unternehmen führen das Verfahren in dieser Größenordnung zum ersten Mal durch. Im vergangenen Jahr konnte das Pionier-Projekt den ersten Reinigungszyklus erfolgreich abschließen. Den nächsten Meilenstein wollen die Stadtwerke Rinteln und ihre Partner im Sommer 2025 erreichen: Bis dahin soll die Schadstoffmenge weiter reduziert werden, so dass die Sanierung in Abstimmung mit den zuständigen Behörden des Landkreises pausiert werden kann.
22. Woher stammen die Mikroorganismen und wie kann man diese für das biologische Verfahren einsetzen?
Die sogenannten Cyanid-Fresser waren bereits vor der Sanierung im Boden auf dem Stadtwerke-Areal vorhanden. Diese Mikroorganismen sitzen vorwiegend im Boden und treiben zu einem gewissen Prozentsatz auch im Grundwasser. Sie fressen Cyanide und bauen sie auf diese Weise ab. Cyanide kommen fast überall als natürliche Stoffe im Boden vor und dienen als Nahrungsquelle für verschiedene Mikroorganismen. Bei dem gewählten Sanierungsverfahren in Rinteln nutzt man die schon im Boden befindlichen Kolonien, die sich über die Jahre optimal an die Bedingungen vor Ort angepasst haben. Lediglich die Anzahl der Mikroorganismen muss erhöht werden, um schnell eine deutliche Abnahme der Belastung zu erreichen. Das erzielen die beauftragten Fachfirmen durch die Zugabe von Zuckerlösung als Starternahrung. Die Zuführung erfolgt über Bohrlöcher, die auf der gesamten kontaminierten Fläche verteilt sind.
23. Wie machen die Mikroorganismen Cyanide unschädlich?
Die Mikroorganismen verdauen Cyanide und spalten sie dabei auf. Ein Teil der Nahrung wird ausgeschieden, ein anderer Teil eingebaut. Die Cyanide bestehen aus Kohlenstoff- und Stickstoffbestandteilen. Letztere verwerten die Mikroorganismen, um Proteine herzustellen, die sie einbauen. Der Kohlenstoff wird ausgeschieden und durch die Zugabe von Sauerstoff entsteht Kohlendioxid. Dieses CO2löst sich im Wasser auf und wird davongetragen.
24. Was wäre als alternatives Sanierungsverfahren in Frage gekommen?
Bei der Wahl eines konventionellen Verfahrens wäre der Boden in den belasteten Zonen ausgehoben und als gefährlicher Abfall entsorgt worden. Im Falle der Stadtwerke Rinteln hätte dies den Verlust von gut 30.000 Tonnen Erdreich bedeutet, die anschließend auch wieder hätten aufgefüllt werden müssen. Das Gelände der Stadtwerke ist seit Jahrzehnten komplett überbaut. Hier hätte man vor dem Bodenaushub zunächst alle Gebäude abreißen und Wege sowie Höfe zurückbauen müssen. Zudem wäre es erforderlich gewesen, das Grundwasser separat zu sanieren. Bei einem konventionellen Verfahren wäre es hochgepumpt, über komplexe Filteranlagen geführt und dann wieder zurückgepumpt worden. Das gewählte biologische Verfahren ist damit sowohl von ökologischer als auch von wirtschaftlicher Seite die beste Lösung.
25. Wie genau funktioniert das gewählte Sanierungsverfahren?
Eine ausführliche Beschreibung des Verfahrens haben wir auf unserer Website veröffentlicht.
Stark vereinfacht lässt sich das angewandte Verfahrensprinzip, das in Fachkreisen als Enhanced Natural Attenuation (ENA) bezeichnet wird, folgendermaßen erklären: Mikroorganismen, die vor Ort bereits vorkommen, zersetzen die Altlasten und bauen sie damit nachhaltig ab. Damit die Mikroorganismen für diese Aufgabe in genügend großer Zahl vorhanden sind, wird biologisch nachgeholfen: Über Bohrlöcher werden die vorhandenen Mikroorganismen mit Sauerstoff und Nährstoffen gefüttert, wodurch sie sich stark vermehren. Ist die erforderliche Konzentration von Organismen erreicht, werden die Nährstoffe weggelassen. Dieser Nahrungsentzug führt dazu, dass sich die Mikroorganismen dem belasteten Material zuwenden und es zersetzen. Das Resultat ist, dass die Schadstoffe vernichtet werden. Um die Nährstoffe in das Grundwasser einzubringen, haben die beauftragten Fachfirmen über 60 Löcher – sogenannte Sanierungsbrunnen – gebohrt, die bis in die Grundwasser führende Schicht in drei bis zehn Metern unter dem Stadtwerke-Gelände führen. Hydraulische Pumpen fördern das Grundwasser, pumpen es an die Oberfläche, wo es mit dem Wirkstoff-Gemisch versetzt und anschließend über die weiteren Bohrlöcher wieder dem Grundwasser zugeführt wird. So entsteht ein Reinigungskreislauf.